Die DIN 18202 legt Toleranzen im Hochbau und deren Prüfbarkeit fest. Im Juli 2019 ist sie neu erschienen. Als grundlegende, gewerkeübergreifende Norm, wird auf die DIN 18202 in fast allen ATVen der VOB/C jeweils im Abschnitt 3 verwiesen ist. Denn die in der DIN 18202 festgelegten Toleranzen stellen die zu erreichende Genauigkeit im Rahmen der üblichen Sorgfalt dar und gelten stets, es sei denn es wurden andere Genauigkeiten vereinbart.
Neue Bestimmungen zu Messpunkten
Bild: © Dipl.-Ing. Ralf Ertl
Bei der Überarbeitung der DIN 18202 lag ein Schwerpunkt auf den Messpunkten, speziell auf der Fragestellung „Wo misst man eigentlich Maßabweichungen?“. Diese Frage hatte sich als Kern aus einer Häufung von Anfragen zum Thema herauskristallisiert, die sich im Laufe der letzten Jahre angesammelt hatten. Dipl.-Ing. Ralf Ertl, Obmann des Arbeitsausschusses NA 005-01-07 AA „Bautoleranzen, Baupassungen (SpA zu Teilbereichen von ISO/TC 59)“ des DIN-Normenausschusses Bauwesen (NABau) beschreibt das so:
„Die Anwender kannten zwar die Grenzwerte, aber an welcher Stelle diese Grenzwerte konkret eingehalten werden sollen und was dazu zu messen ist, das war offenbar unklar und somit in der Norm unzureichend angegeben. Wir haben also die Bestimmungen zum Thema Messpunkte ergänzt und aktualisiert, mit dem Ziel, dass diese Fragen sich für den Anwender schon aus der Norm beantworten lassen."
Das Boxprinzip als Rahmen
Ein weiterer Schwerpunkt bei der Überarbeitung der DIN 18202 lag darin, dem „Boxprinzip“ mehr Raum und Gewicht zu geben, dieses zu konkretisieren und zu veranschaulichen. Dipl.-Ing. Ralf Ertl dazu:
„Der Hintergrund des Boxprinzips ist, dass man einfach definiert, dass ein Quader oder ein beliebiger Körper, Abmessungen hat, die er haben soll. Tatsächlich hat er aber an jeder Stelle andere Abmessungen. Und jetzt definiert man einen Hüllkörper, der in keiner Richtung unter- oder überschritten werden darf. Das drückt das Boxprinzip aus. Also wie eine Art Schachtel, in die ich z. B. einen Ziegelstein hineinlegen kann. Die Schachtel muss also größer als der Stein sein, damit der in die Schachtel passt. Passt der Stein nicht, wird er aussortiert.“
Das Boxprinzip lässt sich auch umkehren, sodass man auch ein „zu klein“ des Steines ausschließen kann und es wird nicht nur auf einzelne Steine, sondern auf ganze Bauteile und Bauwerke angewandt.
Fugen als Ausgleich von Abweichungen
Beim Zusammenfügen der einzelnen Steine oder Bauteile entstehen dann die Fugen. Diese werden laut DIN 18202 zum Ausgleich von Abweichungen genutzt. Obmann Dipl.-Ing. Ralf Ertl dazu:
„Während Planer oft eine exakte, fehlerfreie Fuge wünschen, damit ein Mauerwerk gleichmäßig aussieht oder damit ein Fensteranschluss gleich aussieht, hat die Fuge für die Passungsüberlegung die Funktion des Ausgleichs. Das heißt, die Fuge ist nur im idealen Fall - und das ist der seltenste - sehr exakt, sehr gleichmäßig und sehr einheitlich. Denn die Fuge muss die Fehler ausgleichen, die die Teile haben. Mit der neuen Formulierung in der DIN 18202 haben wir die Rangigkeit festgelegt. Die Fuge ist vorrangig Passungsraum und dient dem Fehlerausgleich, nachrangig ein Gestaltungselement mit möglichst einheitlichem Fugenbild.“
Um die Abweichungen, die bei der Bauausführung entstehen, bereits im Plan darzustellen, würde Obmann Dipl.-Ing. Ralf Ertl einen Plan nicht nur als Ansammlung dünner schwarzer Striche abbilden, sondern diese Striche mit einem Textmarker nachziehen. Dieser breite Marker-Strich hätte dann bereits die Boxbreite, sodass schon im Plan genau die Abweichung dargestellt würde, die später ständig zu beachten ist.
Das ganze Interview zur neu erschienenen DIN 18202 mit Obmann, Dipl.-Ing. Ralf Ertl kann auf bauprofessor.de nachgelesen werden.